Social Media und Online Bewertungen: Fluch und Segen
Als ich meinen Betrieb übernommen habe war Social Media seit ein paar Jahren am Start – Facebook war „The place to be“. Instagram kam dann dazu und es hat sich plötzlich eine Welt eröffnet, wo man seinen Betrieb quasi kostenfrei darstellen konnte, ein authentisches Marketing betreiben und gleichzeitig Informationen für die Gäste schnell und einfach verbreiten konnte.
Die Bewertungsplattformen wurden immer mehr und immer frequentierter und haben es enorm erleichtert, neue Gäste zu gewinnen.
Ein Traum! …… Oder?
Im Großen und Ganzen ist das auch heute noch so, diese Instrumente sind für uns wertvolle Werkzeuge und aus unserem Arbeitsalltag nicht mehr weg zu denken.
Das Gasthaus Fischküche Reck tummelt sich natürlich immer noch auf Facebook und Instagram mit regelmäßigen Beiträgen und Stories, aber auch auf TikTok und Snapchat, wo eher die sehr junge Generation angesprochen wird.
Dazu kommen – und das ist vielen vielleicht nicht bewusst – die arbeitsintensivsten Plattformen, nämlich die textbasierten Apps wie X, Threads und Blue Sky.
Von X verabschiede ich mich gerade weil die Qualität der Plattform doch sehr abgenommen hat seitdem hier ein neuer Besitzer am Start ist und Blue Sky bringt nicht die gewünschte Performance, also konzentrieren wir uns bei den textbasierten Apps auf Threads.
Gerade hier ist es enorm wichtig ständig dabei zu bleiben. Warum? – Weil es hier kritische Kommentare und ungefragte Betriebsberatungen nur so hagelt.
Und das nicht immer höflich oder im lustigen Ton, sondern ganz oft hasserfüllt und angriffslustig.
Ja, kontroverse Meinungen und unterschiedliche Blickwinkel gehören dazu. Aber warum kann man nicht einfach mal eine lustige Geschichte lesen und drüber schmunzeln, ohne dem Verfasser zu unterstellen dass er falsch im Job sei, seine Gäste nicht leiden könne, seinen Betrieb völlig falsch führe, bald pleite gehen wird wenn er so weitermacht, es verdient pleite zu gehen, in einer Branche ist die sowieso der Abschaum ist? (…alles Zitate, ich denk mir sowas nicht aus…)
Man soll sich da zwar keinen Kopf drüber machen und am Besten gar nicht alles lesen, aber wenns im Kopf ist kriegt man solche Angriffe auch nur schwer wieder los.
Was auch nicht zu unterschätzen ist: der Zeitaufwand. Es handelt sich tatsächlich um richtige Arbeit die Social Media Kanäle ordentlich und regelmäßig zu bespielen. Unterstützung durch Mitarbeiter (die liefern zB Fotos oder Beiträge) und auch professionelle Hilfe von Social Media Beratern sind da unerlässlich. Ebenso die Disziplin Beiträge zu gestalten auch wenn man mal grad keine herausragende Idee hat und diese zu planen, da sind schnell mal ein paar Stunden in der Woche zusammen.
Warum tun wir das? Weil wir wissen wie wichtig es ist ehrlich, authentisch, durchsichtig zu sein. Wir schaffen Vertrauen und Verbundenheit und nebenbei informieren und werben wir natürlich auch.
Vielen Dank jedenfalls an alle die uns folgen, kommentieren, Herzle da lassen, wir sehen das und freuen uns dass die Arbeit Früchte trägt!
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Eine tägliche Pflichtlektüre sind auch die Bewertungen, die auf unzähligen Kanälen reinflattern. Die meisten kommen über unser Reservierungssystem open table, ich würde sagen auf dem zweiten Platz liegt google und danach kommen mit vereinzelten Aufrufen TripAdvisor und andere Bewertungsseiten.
Bewertungen und Rezensionen sind uns wichtig. Oft kann der Gast solange er hier im Haus ist seine Kritik nicht loswerden, weil er sich nicht traut oder es ihm unangenehm ist. Dann sind wir froh wenn wir Verbesserungsvorschläge im Nachhinein hören, damit wir daran arbeiten können.
Und wir wissen natürlich auch, dass Bewertungen für manche Gäste ein wichtiger Kompass sind, vor allem wenn sie neue Lokale suchen oder noch nie bei uns waren. Darum sind gute Durchschnittsbewertungen für uns ein Muss, egal ob wir diese Systeme gut oder schlecht finden.
Übrigens werden schöne, positive Texte immer in der Mitarbeiter App geteilt – Kritik wird mit den betroffenen Mitarbeitenden persönlich besprochen und nachgearbeitet. So könnt Ihr sicher sein dass Euer Feedback auch ankommt.
Es gibt aber auch Texte wo man sich fragt:
mit welcher Befähigung nimmst Du Dir raus mir eine umfassende Betriebsberatung zu geben? Und wer hat Dich eigentlich gefragt?
Dass wir nicht jedermanns Geschmack treffen können ist uns völlig klar. Wenn aber Bewertungen rein flattern die vor Beleidigungen nur so strotzen fragen wir uns warum wir so einen Hass auf uns ziehen.
Wieder ein Beispiel gefällig? Bitte: „Frau Reck-Hartmann ist überfordert, weil Sie sich bei Ihrem Umbau finanziell übernommen hat. Aufgrund des Personalmangels in der Gastronomie kann sie nicht auf Ihr problematisches Service Team verzichten.“ (sinngemäß wiedergegeben)
Oft ist es tatsächlich so: die beschriebene Situation ist uns sofort bekannt, weil wir (zum Glück) nur sehr wenige unzufriedene Gäste haben. Und wenn sich jemand öffentlich und dramatisch über uns beschwert wissen wir gleich ganz genau wer das war, weil die Situation eben nicht alltäglich ist bei uns.
Es gibt sogar einen Bewertung von Gästen im Netz, die ganz offensichtlich beim Kollegen waren, zum Beispiel weil sie die Speisekarte beschreiben, die definitiv nicht unsere ist. Damit müssen wir leben.
Denn: entgegen der öffentlichen Meinung ist es gar nicht so einfach, Bewertungen löschen zu lassen. Wir sehen ganz bewusst davon ab und lassen alles im Netz stehen. Der Aufwand, sich mit google auseinanderzusetzen ist eigentlich nur durch einen teuren Anwalt zu stemmen.
Und es gibt ja tatsächlich auch sachliche, differenzierte Kritik, die wir uns zu Herzen nehmen.
Was ich mit diesem Text eigentlich sagen möchte:
BITTE vergesst nicht wenn Ihr Eure Meinung kund tut: das lesen Menschen, die Ihren Job täglich mit Herzblut machen und denen manche Worte einfach nahe gehen.
Wenn Ihr Kritik habt: bitte raus damit, aber sachlich und am liebsten sofort und persönlich. Auch wenns schwierig ist. Aber wenn man sich gegenüber steht fällt einem Unhöflichkeit nicht ganz so leicht wie im anonymen Netz.
Und nicht vergessen: das Netz ist gar nicht so anonym wie man denkt 🙂
Danke fürs Lesen.
Doris Reck-Hartmann